Aus der Sicht eines deutschen Rechtsanwalts und brasilianischen „consultor jurídico do direito alemão“ (Rechtsberaters für das deutsche Recht) der in Brasilien lebt und arbeitet, habe ich am 12. März 2018 damit begonnen, angegliedert an die Webseite unserer Kanzlei, einen Blog über die gegenwärtigen brasilianischen Verhältnisse zu schreiben. Dies hauptsächlich aus zwei Gründen:
Zum einen, weil in den letzten zehn Jahren das Interesse der ausländischen Touristen an Brasilien stetig nachgelassen hat, aber diese Gruppe über lange Jahre die hauptsächliche Mandantschaft unserer Kanzlei stellte, für die ich seit nunmehr 22 Jahren arbeite. Ihr Ausbleiben ist ein Problem für uns und ich wollte dieses Interesse neu beleben,
zum anderen, weil ich ehrlich an Basilien als realistische Alternative zu den meisten anderen Ländern in der westlichen Welt glaube und der Ansicht bin, daß Brasilien von der internationalen Presse, insbesondere nach der Wahl Jaír Bolsonaros zum Präsidenten, doch sehr stiefmütterlich behandelt wird. Daher wollte ich eine Gegenstimme bieten.
Die Zeitleiste meines Blogs zeigt, daß ich seit dem 13. Januar 2019 nichts mehr veröffentlicht habe. Dies war jedoch nicht auf Schreibhemmung oder Faulheit zurückzuführen, sondern darauf, daß ich aufgrund meiner oben erwähnten Vorgaben und Interessen vor der Schwierigkeit stand, etwas Positives über mein Gastland sagen zu wollen und das ist zugegebenermaßen nicht so einfach. (Was für Brasilien spricht, hier.) Inzwischen habe ich aber erkannt, daß dies der falsche Ansatz war. Ich habe mir folgende Frage gestellt: Was könnte überhaupt jemanden an einem solchen Blog interessieren? Was ist es, das nur ich in meinem Blog einem an Brasilien interessierten Leser anzubieten habe?
Nun, sicherlich die Tatsache, daß ich eine intime Kenntnis der hiesigen Verhältnisse habe: Ich lebe seit über 24 Jahren durchgehend in Brasilien und spreche die portugiesische Sprache fließend. Ich war wirtschaftlich insofern erfolgreich, als ich ohne Eigenmittel hier ankam – ich hatte stattdessen 5.000,- US-Dollar Schulden bei einem Freund – und inzwischen über ausreichend Vermögen verfüge, um dem Alter relativ entspannt entgegensehen zu können. Ich bin mit meiner Zulassung zur brasilianischen Anwaltskammer seit 2009 und der 2017 zusätzlich erworbenen brasilianischen Staatsbürgerschaft bestens in die hiesige Gesellschaft integriert. Ich habe selbst Immobilien erworben und im Rahmen meiner Tätigkeit auch vielen anderen dabei geholfen dies zu tun. Ich war und bin Arbeitgeber und habe außer meinem beruflichen Fachwissen zum Arbeitsrecht auch eigene Erfahrung mit der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern und den damit einhergehenden rechtlichen Fallstricken. Als Geschäftsführer einer brasilianischen Firma mit 100% ausländischem Kapital kenne ich das hiesige Unternehmertum und auch die Bürokratie mit der der Staat die geschäftliche Entfaltung hemmt. Über meine Tätigkeit in der Kanzlei habe ich eine umfassende Kenntnis der Mechanismen der Verwaltung und des inneren Gefüges des brasilianischen Rechtswesens und seiner Gerichte. Ich bin seit sieben Jahren mit einer Brasilianerin verheiratet, was mir Einblick in die hiesigen Familienverhältnisse gibt. Natürlich hatte ich diesen Einblick auch schon seit 1992 über meine erste Frau und die darauffolgenden langjährigen Beziehungen mit brasilianischen Partnerinnen. Brasilianer sind Familienmenschen und man findet schnell Anschluß. Daß dies auch zu Problemen führen kann, versteht sich von selbst. Überhaupt kann jede Unternehmung zu Problemen führen, wenn man nicht genügend darüber weiß. Und das ist genau der Punkt: Hier liegt der Mehrwert dieses Blogs und unserer Kanzlei. – Wir können Ihnen dabei helfen, die meisten Arten von Problemen zu vermeiden, vor denen Sie stehen werden, wenn Sie nach Brasilien kommen. Insbesondere die berüchtigten Anfängerprobleme von Ausländern. Der alte Spruch: „Was muß man tun, um in Brasilien zu einem kleinen Vermögen zu kommen? – Man muß ein großes mitbringen!“ hat durchaus seine Berechtigung. Man kann hier viel falschmachen und Brasilien verzeiht nichts. Kein kuscheliges soziales Auffangnetz, wie in Europa oder auch den USA, steht bereit. Aber wie lange wird es das in EU/ USA noch geben, so wie es derzeit überstrapaziert wird? Wie sicher sind die Renten, das Gesundheitswesen, all die anderen scheinbaren Vorteile dieser Sozialstaaten? Die Tendenz ist allgemein bekannt.
Ich habe bei diesem Blog eine neue Perspektive eingenommen: Ich kann nicht dafür sorgen, daß wieder mehr Ausländer nach Brasilien kommen, obwohl ich daran glaube, daß das Interesse schon bald wieder zunehmen wird, weil sich die Verhältnisse in Europa und den USA rasant zum Schlechteren entwickeln, was Brasilien, das klassische Einwanderungs-land, wieder in einem angenehmeren (und faireren) Licht erscheinen lassen wird. Doch auf diese globalen Entwicklungen habe ich natürlich keinen Einfluß, der Blog, Werbung oder die Tätigkeit der Kanzlei ändern daran nichts. Was ich aber tun kann, ist denjenigen zu helfen, die Brasilien bereits für sich entdeckt haben. Ich kenne die Tücken, die Fehler und Schwächen Brasiliens und damit die Gefahren für Ausländer aus der spezifischen Sicht eines Ausländers. Ich bin insofern ein Spezialist und biete Ihnen sowohl mit diesem Blog als auch mit der Tätigkeit unserer Kanzlei dieses Expertenwissen zur Vermeidung unnötiger Fehler an. Es geht mir in diesem Blog nicht mehr darum, das Positive herauszustellen, was bei der derzeitig unfairen Berichterstattung in den Medien durchaus nötig ist, sondern Rechenschaft über die Fallstricke abzulegen.
In den folgenden Beiträgen werde ich solche behandeln.